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Interkultureller Humanismus in Welt(innen)politik, Weltwirtschaft und Weltkultur

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Der im Titel dieser Arbeit und in der Einleitung verwendete Begriff des Humanismus wird unter anderem definiert von Frank Geerk , in der Einführung zu seinem Buch „Kongreß der Weltweisen“.

Humanismus bedeutet einerseits eine geistesgeschichtliche Bewegung mit Ursprung im Europa des späten Mittelalters, wo der humanistische Gedanke als stetig anwachsende Kraft gegen die Inquisition und die damit einher gehenden Grausamkeiten der Folter sowie der Hexenverbrennung wirkt. Andererseits bedeutet Humanismus eine „ Geisteshaltung, das Streben nach echter Menschlichkeit, nach edlem, menschenwürdigen Denken und Handeln “.

Frank Geerk stellt in seinem Buch darüber hinaus fest, dass Humanismus im Sinne der obigen Definition in „allen lebendigen Religionen“, in „den Grundlagen aller beispielgebenden Philosophien“ und auch im „Empfinden und Verhalten der sogenannten Naturvölker“ aufzufinden ist.

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Der Humanismus ist der Gegenpol zu Kriegen im Namen fundamentalistischer Ideologien, in denen die Krieg führenden Parteien den absoluten Wahrheitsanspruch in zweierlei Auslegung stellen: 1. Die eigene Ideologie ist die einzig wahre und 2. Die andere ist also falsch und muss bekämpft werden. Die praktische Bedeutung des Humanismus betont auch Prof. Hassan Hanafi in seinem Vortrag im Rahmen des philosophischen Gastmahls zum Thema „Theorie und Praxis eines interkulturellen Humanismus“.

Im Rahmen des Philosophieunterrichtes beschäftigten wir uns mit zwei Ansätzen zur Verankerung eines interkulturellen Humanismus', nämlich mit der Weltethoserklärung, initiiert von Hans Küng sowie der Menschenpflichtserklärung, den Vereinten Nationen als Vorschlag vorgelegt vom InterAction Council .

Beide Erklärungen gehen von einer sehr kritischen Weltlage aus, die geprägt ist vom unerhörten Missbrauch der Ökosysteme, von Armut und Hunger, wirtschaftlicher Ungleichheit im Nord-Süd-Vergleich, sozialer Unordnung, Missachtung der Gerechtigkeit, Anarchie, Gewalt, Aggression und Hass. Das exklusive Bestehen auf Recht und die Vernachlässigung der Pflichten haben Konflikt, Spaltung und endlosen Streit zur Folge und führen zur Gesetzlosigkeit und Chaos.

Die Erklärungen sind Instanzen des angewandten Humanismus, sie haben ein weltweites, menschenwürdiges Leben zum Ziel, fordern daher aber gleichzeitig von jedem einzelnen, dass er seine eigene unabweisbare Verantwortung für das was er tut und nicht tut wahrnehme. Vergleichbares findet sich bei Erich Fromm , der hier als Vertreter einer humanistischen Psychologie angeführt werden mag, in seinem Bestseller „Die Kunst des Liebens“ . Er nennt die Verantwortung als eine unabdingbare Tugend, die dem Liebenden abverlangt wird, wenn er die Verbundenheit mit seinem Partner erlangen will. Fromm meint damit, meiner Meinung nach, mehr als die Verantwortung für das eigene Handeln. Die Verantwortung des Liebenden geht insofern über das eigene Tun hinaus, als dass er auch für die ihm gewahr werdenden Umstände einer Beziehung Verantwortung trägt. Es ist ihm geboten, Schande stets abzuwenden und Glück zu fördern, dort, wo es in seiner Macht steht. Im Vergleich dazu formuliert die Menschenpflichtserklärung diese Form der Verantwortung auf interkultureller Ebene: Es heißt, dass es die Pflicht jedes Menschen sei, Gutes zu fördern und Böses zu meiden, dort wo es in seiner Macht steht. (....)

In der Einleitung der Weltethoserklärung sowie in der Präambel der Menschenpflichtserklärung werden Aussagen über die praktische interkulturelle Humanisierung des menschlichen Wertesystems gemacht: Eine Veränderung auf globaler Ebene sei nicht machbar, wenn nicht die innere Einstellung, die ganze Mentalität, eben das Herz eines Menschen verändert werde um ihn zu einer Umkehr von einem falschen Weg zu einer neuen Lebenseinstellung zu bewegen. Ein solcher Bewusstseinswandel wird beispielsweise auch von den Verfassern der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ für eine ökologische Reform gefordert. Alle Menschen haben nach bestem Wissen und Vermögen eine Verantwortung, sowohl vor Ort als auch global eine bessere Gesellschaftsordnung zu fördern. Dies kann mit Gesetzen, Vorschriften und Konventionen allein nicht erreicht werden.

Weltethoserklärung und Menschenpflichtserklärung sind keine direkten Lösungen für all die immensen Weltprobleme, wohl aber die moralische Grundlage für eine bessere individuelle und globale Ordnung. Die allgemeine Erklärung der Menschenpflichten ist ein gemeinsamer Maßstab für alle Völker und Nationen mit dem Ziel, dass jedes Individuum und jede gesellschaftliche Einrichtung dieser Erklärung nachkommt.

In den beiden Erklärungen ist das humanistische Selbstverständnis einer zukünftigen Weltordnung verankert. Jede Nation, jedes Individuum, wird (das ist zu hoffen) nach den Maßstäben einer aus den Erklärungen zu entwickelnden Weltordnung beurteilt, verurteilt und gerichtet werden. Die Anpassung an die Gebote der Weltordnung gilt dann als selbstverständlich, ihre Verletzung wird geächtet.

Auf nationaler Ebene gibt es Indizien, die belegen, dass eine Weltordnung durchaus funktionieren kann: Im Rahmen des Unterricht in Sozialwissenschaft bei Frau Künzel habe ich kennen gelernt, dass das „unanfechtbare Selbstverständnis der Verfassung der BRD“ in den Artikeln 1 und 20 des Grundgesetzes zu der „freiheitlich demokratischen Grundordnung“ (FdGo) verankert ist. Generalisiert man die Elemente der FdGo so gelangt man zu folgenden darin gesicherten Prinzipien:

Menschenrechte, Verantwortlichkeit der Regierung, Pluralismusprinzip, Demokratieprinzip, Rechtsstaatsprinzip, Oppositionsrecht.

Wenn in Deutschland eine Partei gegen die FdGo agiert oder in ihrer inneren Ordnung undemokratisch ist, kann sie verboten werden, weil sie verfassungswidrig ist.

Analog dazu ist auch eine „humanistisch interkulturelle Weltordnung“ denkbar, die das humanistisch interkulturelle Selbstverständnis der Weltordnung beschreibt. Anhand der Menschenpflichtserklärung und der Weltethoserklärung lassen sich auch die unanfechtbaren Prinzipien einer zukünftigen Weltordnung herausstellen: Die Menschenrechte können direkt aus der FdGo übernommen werden. Die Verantwortlichkeit der Regierung wird ersetzt durch die Verantwortlichkeit der Regierungen der Einzelnationen, das Pluralismusprinzip durch den Pluralismus der Ideologien und Staatsformen (Interkulturalitätsaspekt). Das Demokratieprinzip wird auf internationaler Ebene ersetzt durch das Föderationsprinzip. Mitglieder der Weltföderation sind die einzelnen Staaten. Das Rechtsstaatsprinzip kann ebenfalls in der Form übernommen werden, dass die Verfassung jeder Einzelnation im Sinne einer Weltordnung gesetzmäßig sein muss. Ein Oppositionsrecht auf internationaler Ebene ist ebenfalls vorstellbar.

Wenn auf der Welt eine Nation gegen die humanistisch interkulturelle Weltordnung agiert oder wenn sie selbst inhuman oder fundamentalistisch strukturiert ist, könne von der Weltgemeinschaft gegen sie Sanktionen erhoben werden.

Ich wünsche mir sehr, dass, aufgrund einer so positiven Aussicht, die Menschenpflichtserklärung, trotz der Bedingungen des Vetorechtes von fünf Nationen, von der UN verabschiedet wird. Darüber hinaus möge die Weltethoserklärung dazu beitragen, dass besonders auch religiöse Menschen in den Werten ihrer Religionen den Humanismus erkennen, den die meisten Menschen sich wünschen. Geschieht dies, so wird in meinen Augen die Erkenntnis dazu beitragen, dass religiöse Fundamentalisten von ihrem Fundamentalismus abtreten, ohne auch von ihrem Glauben abzutreten. So kann das Weltethos zu einer toleranteren Haltung der Menschen im Zeitalter der Annäherung der Kulturen beitragen.

Es ist mehr als eine theoretische Frage, die Frage: „Warum soll ich mich überhaupt zum interkulturellem Humanismus bekennen?“. Sie ist deshalb eine besonders wichtige Frage, weil sie von höchst zukunftskritischer Bedeutung ist, denn viele einflussreiche Menschen werden sich diese Frage stellen und deren Entscheidungen wiederum prägen das zukünftige Bild der Erde. Was passiert, wenn ein einflussreicher Politiker sich mit all seiner Macht für einen interkulturellen Humanismus einsetzt, präsentiert die Geschichte anhand des ehemaligen russischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow . Er selbst beschreibt seine Geisteshaltung, die zum Ende des kalten Krieges führte, in seinem Buch „Das Neue Denken“.

Ich selbst habe im Gespräch mit Dr. Rolf Elberfeld, im Rahmen des philosophischen Gastmahls zum Thema „Die Begründung ethischer Normen“ einen philosophischen Ansatz kennen gelernt, der meine Position zu der Frage sehr gut theoretisch beschreibt. Es handelt sich dabei um das ästhetische Argument. Das ästhetische Argument ist ein in der westlichen Kultur ungebräuchlicher Weg zur Begründung einer These. Salopp bedeutet das ästhetische Argument: Das und das ist richtig, weil es schön ist. Schön bedeutet einen ästhetischen Wert.

Ich ordne einem Leben, das auch in einer Welt mit intensiver und extensiver Interkulturalität humanistische Bedingungen ermöglicht einen ästhetischen Wert zu. Ich stelle mir ein solches Leben eben schöner vor als eines in einer monoideologisierten Welt, deren Ideologie im gewaltsamen Kampf der Kulturen bestehen konnte. (...).“

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